Frau Dr. Pfeiffer, Anfang des Jahres haben viele Krankenkassen ihre Zusatzbeiträge noch einmal erhöht. Was ist der Grund dafür?
Wir sehen uns seit vielen Jahren mit einem strukturellen Defizit konfrontiert. Das heißt, dass die Ausgaben der Krankenkassen generell stärker steigen als die Einnahmen. Verstärkt wird diese Problematik durch die Politik, die mit zahlreichen Reformen im Gesundheitsbereich gerade in jüngster Zeit deutliche Zusatzausgaben bei den Kassen verursacht.
Allein die Krankenhausreform, die in diesem Jahr in Kraft getreten ist, wird die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in den kommenden Jahren finanziell mit mehreren Milliarden Euro belasten. Besonders stark ist die Steigerung aber auch bei den Ausgaben für Arzneimittel.
Diese immer weiter steigenden Ausgaben müssen natürlich finanziert werden – und das bedeutet: steigende Beitragssätze.
Sie haben die Arzneimittel als besonders großen Kostentreiber gerade angesprochen. In diesem Jahr hat ja der Pharmadialog zwischen Bundesregierung und Pharmaindustrie stattgefunden, nach dessen Abschluss sich eine Reform der Arzneimittelmarktgesetzgebung abzeichnet. Können damit die steigenden Ausgaben der Kassen abgefangen oder reduziert werden?
Erst einmal müssen wir abwarten, welche Änderungen eine mögliche AMNOG-Reform tatsächlich bringt. Das Ministerium und auch die Bundestagsabgeordneten haben zwar eine Reihe von Ansatzpunkten vorgestellt, aber welche davon sich in welcher Form in einem Gesetz wiederfinden werden, bleibt noch abzuwarten.
Wir fordern schon länger, dass die Erstattungsbeträge, die wir mit den Pharmaunternehmen aushandeln, auch rückwirkend gelten. Insbesondere bei den Arzneimitteln, die keinen Zusatznutzen haben, ist es überhaupt nicht nachvollziehbar, warum für sie im ersten Jahr ein Fantasiepreis gelten soll. Dies erhöht die Umsätze der Pharmaunternehmen, ohne dass für Patientinnen und Patienten ein adäquater Zusatznutzen entsteht. Den Schaden haben die Beitragszahler.
Beim Pharmadialog ist als Lösung eine Umsatzschwelle für die ersten zwölf Monate ins Gespräch gebracht worden. Der Erfolg dieser Idee steht und fällt jedoch mit der Höhe dieser Schwelle. Konsequenter und effektiver wäre es, den verhandelten Erstattungsbetrag für ein Arzneimittel rückwirkend ab dem ersten Tag gelten zu lassen.