Europa

Gemeinsame Nutzenbewertung: Guter Kompromiss für die GKV

Februar 2022

Im Dezember 2021 wurde die Verordnung über die Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment, HTA) vom europäischen Gesetzgeber verabschiedet. Damit wird die Zusammenarbeit der nationalen Behörden bei der wissenschaftlichen Bewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten verbindlich gestaltet und so die Arbeit des europäischen Netzwerks zur Bewertung von Gesundheitstechnologien weiterentwickelt. Die neuen Regeln gelten ab 2025. Bis dahin müssen Strukturen geschaffen und alle Vorbereitungen getroffen sein.

Neue Regeln sorgen für Transparenz

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes ist der gefundene Kompromiss eine tragfähige Grundlage für die Zusammenarbeit mit einer starken Rolle für die zuständigen nationalen Institutionen (in Deutschland der Gemeinsame Bundesausschuss und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen). Die wesentlichen Entscheidungen bei der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene werden in einer Koordinierungsgruppe der Mitgliedstaaten und nicht von der EU-Kommission getroffen. Letztere wird, anders als ursprünglich vorgeschlagen, die Zusammenarbeit lediglich administrativ unterstützen.

Der GKV-Spitzenverband hatte besonders auf die Qualität der gemeinsamen Bewertungen gepocht: Diese folgen künftig internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin. Die Methoden sollen regelmäßig überprüft werden. Auch der GKV-Forderung nach größtmöglicher Transparenz der Bewertungsverfahren und -ergebnisse wurde entsprochen. Die Unterlagen für die Bewertungsprozesse und die Ergebnisse aller Stufen werden auf einer öffentlich zugänglichen Webseite veröffentlicht werden.

Die Fahne der Europäischen Union vor dem Gebäude der EU Kommission

Balance zwischen Verbindlichkeit und Flexibilität

Eine vollständige Harmonisierung der nationalen Bewertungsprozesse für grundsätzlich alle neuen Arzneimittel, die dem zentralen Zulassungsverfahren durch die Europäische Arzneimittelagentur unterliegen, sowie bestimmte Medizinprodukte konnte abgewendet werden. Dies wäre ihrer Einbettung in die sehr unterschiedlichen mitgliedstaatlichen Gesundheitssysteme nicht gerecht geworden. Zudem hat der Gesetzgeber die ursprünglich starre Vorgabe fallenlassen, dass die Mitgliedstaaten die europäischen HTA-Ergebnisse in ihren Bewertungsverfahren auf nationaler Ebene verpflichtend verwenden müssen und keine klinische oder gleichwertige Bewertung derselben Gesundheitstechnologien durchführen dürfen. Die Verordnung sieht nun eine verbindliche und hinreichend flexible Regelung vor: Die nationalen Behörden müssen die europäischen Bewertungsberichte „gebührend“ in ihren Verfahren berücksichtigen und dies dokumentieren.

Größtmöglicher Nutzen für die Versicherten

Der GKV-Spitzenverband hatte bereits Anfang 2018 eine ausführliche Stellungnahme zum Verordnungsvorschlag veröffentlicht und sich im weiteren Beratungsprozess intensiv eingebracht, auch gemeinsam mit der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung und der Europäischen Plattform der Sozialversicherung (ESIP). So wurden etwa Gespräche mit dem damaligen Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis geführt und Fachveranstaltungen organisiert. Auch die Umsetzung wird der GKV-Spitzenverband mit dem Ziel begleiten, den größtmöglichen Nutzen für die gesetzlich Versicherten sicherzustellen. (jei)

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