Gelegenheitsversorgung hat schwerwiegende Folgen
Die Folgen einer Versorgung durch weniger erfahrenes Personal („Gelegenheitsversorgung“) sind schicksalhaft für die Kinder und können in einer schweren, lebenslangen Morbidität bestehen: Bei Morbus Hirschsprung kann eine suboptimale Behandlung durch ein unerfahrenes Team den Unterschied zwischen einem weitestgehend normalen Leben oder beispielsweise einer lebenslangen Stuhlinkontinenz, Harninkontinenz, Impotenz oder dem dauerhaften Tragen eines künstlichen Darmausganges (Anus praeters) bedeuten.
Zentralisierung sichert die Behandlungsqualität
Für Deutschland bedeutet die fachlich gebotene und zum Schutz der betroffenen Kinder notwendige Zentralisierung der korrigierenden Chirurgie bei Morbus Hirschsprung, dass es für die bestmögliche Versorgung weniger Zentren geben muss als heute, die aber dafür hoch spezialisiert und erfahren sein müssen. Bei der niedrigen Anzahl der betroffenen Kinder, die alle in Zentren mit größtmöglicher Erfahrung behandelt werden sollten, würden acht bis zehn Zentren ausreichen. Diese starke Konzentration der Leistungserbringung ist erforderlich, um das derzeitige Ausmaß an Gelegenheitsversorgung bei dieser vulnerablen Patientengruppe zu beenden.
Eine Fokussierung dieser sehr spezifischen Eingriffe hieße für die Patientinnen und Patienten bzw. deren Angehörige natürlich längere Anfahrtswege. Dieser Umstand ist angesichts der Tragweite der notwendigen Behandlung vernachlässigbar. Die korrigierende Chirurgie erfolgt erst nach einigen Lebensmonaten und ist immer planbar.
Festlegung von Mindestmengen nur auf Bundesebene möglich
Eine starke Konzentration hieße auch, dass es nicht in allen Bundesländern einen Standort für diese Operationen gäbe, auch wenn die Krankenhausplanung Ländersache ist. Hier zeigt sich eindrücklich, dass die Absicherung der Versorgungsqualität und Behandlungssicherheit bei komplexen Leistungen eine Bundesaufgabe sein muss und beim G-BA in den richtigen Händen liegt. Eine nur auf das jeweilige Bundesland abzielende Krankenhausplanung kann das hier beschriebene Problem nicht lösen. Insbesondere die seltenen Erkrankungen – zu denen auch alle Fehlbildungen gehören – lassen sich auch nicht mit den neuen Leistungsgruppen in angemessener Weise absichern. Es sind sehr gut planbare und hochspeziellen Leistungen, bei denen es gerade nicht um eine „flächendeckenden Versorgung“ geht, sondern um die bestmögliche Versorgung. Diese ist das primäre Ziel, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss Mindestmengen festlegt. Am 21. August dieses Jahres hat der Gemeinsame Bundesausschuss seine Beratungen zu dieser neuen Mindestmenge aufgenommen. Das Beratungsverfahren ist aufgrund der notwendigen umfangreichen Recherchen sehr aufwendig, unterliegt aber auch einer gesetzlichen Frist von maximal zwei Jahren. Eine Beschlussfassung wird im Herbst 2027 erwartet; die neue Mindestmenge wird dann zum 1. Januar 2028 in Kraft treten. Hieran schließt sich voraussichtlich eine i. d. R. zweijährige Übergangsfrist an, die es den betroffenen Krankenhäusern erlaubt, ihre Strukturen an die Regelung anzupassen. Eine endgültige Wirksamkeit der Regelung mit dem erhofften Ergebnis der Zentralisierung wäre also ab dem Jahresende 2029 zu erwarten.
Angesichts der Jahrzehnte, in denen Eltern- und Betroffenenverbände unermüdlich auf die Missstände hingewiesen haben, die sich aus der zersplitterten Versorgung von Fehlbildungen in Deutschland ergeben, ist das ein wichtiges und lang erhofftes Ergebnis. (hos/pfo)