Pflegeausbildung

Zu wenig Ausbildungsplätze sorgen für Personalmangel auf Frühchenstationen

Dezember 2025

Auf zahlreichen Frühchenintensivstationen fehlt qualifiziertes Pflegepersonal. Oftmals können Personalvorgaben nicht eingehalten werden und deren Lockerung wird von verschiedenen Seiten als Lösung propagiert. Doch liegt der Schlüssel für eine Problemlösung primär in den Ausbildungskapazitäten, von denen es viel zu wenige gibt.

Die Versorgung von kleinen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm auf der Frühchenintensivstation eines Perinatalzentrums erfordert hoch spezialisierte pflegerische Expertise. Über diese Kenntnisse verfügen weder Erwachsenen- noch Altenpflegekräfte. Daher gibt es verbindliche Mindestanforderungen an die Qualifikation des Pflegefachpersonals, die in der Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) festgelegt sind: Auf der Intensivstation dürfen nur Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger sowie Pflegefachfrauen und -männer mit nachweislich gleichwertiger praktischer Erfahrung oder Qualifikation in der Frühgeborenenversorgung eingesetzt werden.

In der Praxis zeigt sich jedoch seit Jahren: Für viele Perinatalzentren ist es eine große Herausforderung, diese Anforderungen an die Personalbesetzung mit entsprechend qualifizierten Fachkräften einzuhalten. Allein in Nordrhein-Westfalen fehlten 2021 rund 1.500 Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger. Hochgerechnet ergibt sich daraus bundesweit ein Defizit von über 6.500 fehlenden Fachkräften allein im Bereich der Pädiatrie.

Eine Pflegekraft versorgt ein Frühchen in einem Inkubator

Fehlende Ausbildungskapazitäten befördern Personalknappheit

Häufig fordern die für die Krankenhausplanung verantwortlichen Bundesländer, dass der G-BA die Personalanforderungen absenken müsse – es gebe schlicht nicht genügend qualifizierte Fachkräfte. Ein zentrales Problem liegt jedoch darin, dass die Bundesländer und Krankenhäuser selbst zu wenig Ausbildungskapazitäten bereitstellen.

Das Pflegeberufegesetz sieht für Auszubildende, die Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger werden möchten, ein Wahlrecht zur Spezialisierung vor: Sie können im letzten Drittel ihrer Ausbildung einen gesonderten Abschluss in Gesundheits- und Kinderkrankenpflege wählen. Immerhin rund 14 Prozent der Auszubildenden möchten diesen Weg gehen. In der Realität fehlt es jedoch an Pflegeschulplätzen und Ausbildungskapazitäten, um diesen Ausbildungswunsch flächendeckend zu erfüllen.

Spezialisierungsmöglichkeiten regional ungleich verteilt

Brandenburg und Bayern haben keine einzige Pflegeschule, die diese Spezialisierung ermöglicht (vgl. Abbildung). Die Auszubildenden in diesen Bundesländern sind damit gezwungen, die generalistische Pflegeausbildung zu absolvieren und haben keine Möglichkeit, sich auf die Kinderkrankenpflege zu spezialisieren – obwohl das Pflegeberufegesetz ihnen dieses Wahlrecht grundsätzlich einräumt. Auch Berlin hält derzeit nur wenige Ausbildungsplätze für die Spezialisierung Kinderkrankenpflege vor. In Mecklenburg-Vorpommern ist lediglich die Vertiefung „pädiatrische Versorgung“ möglich, die spezielle Ausbildung zur Kinderkrankenpflegerin bzw. zum Kinderkrankenpfleger wird in diesem Bundesland nicht angeboten. In Niedersachsen gibt es die Ausbildungsmöglichkeit aktuell nur an einem einzigen Kinderkrankenhaus. Und auch die Strukturabfrage 2025 gemäß der Qualitätsrichtlinie zeigt: Von 313 Standorten mit Perinatalzentren Level 1 und 2 sowie Zentren mit perinatalem Schwerpunkt betreiben bundesweit lediglich 29 eine Pflegeschule mit einer Spezialisierung Gesundheit- und Kinderkrankenpflege am eigenen Haus.

Standorte mit Spezialisierung Gesundheits- und Kinderkrankenpflege am Haus je Bundesland

Diese Beispiele verdeutlichen: In vielen Bundesländern haben Auszubildende keine oder nur stark eingeschränkte Möglichkeit, den Abschluss in der Kinderkrankenpflege zu erwerben. Das im Pflegeberufegesetz verankerte Wahlrecht wird flächendeckend nicht umgesetzt, mit fatalen Folgen für die Ausbildung von Kinderkrankenpflegerinnen und -pflegern, die für eine adäquate pädiatrische Versorgung dringend benötigt werden.

Länder und Kliniken müssen Vorgaben flächendeckend umsetzen

Um eine qualitativ hochwertige und sichere Versorgung von Frühgeborenen zu gewährleisten, braucht es in allen Bundesländern die ausnahmslose Umsetzung der gesetzlich vorgesehenen Wahlmöglichkeit. Wenn es keine Ausbildungsplätze gibt, kann es auf dem Arbeitsmarkt auch keine Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger geben. Das ist nicht nur ein Problem für die Frühchenintensivstationen, sondern für die pädiatrische Pflege insgesamt. Hier stehen die Bundesländer und Krankenhäuser in der Pflicht, endlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Eine Absenkung der Qualitätsanforderungen an die Pflegekompetenzen wäre mit Blick auf die Patientensicherheit dagegen der falsche Weg. (dwe)

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