Frau Schmidt, was war Ihr Beweggrund, vor zehn Jahren einen zentralen Verband für alle Krankenkassen auf den Weg zu bringen?
Es gab nicht einen Beweggrund, sondern zwei. Der eine liegt in der Historie begründet: Die Weiterentwicklung der separaten Kassenarten für Arbeiter und Angestellte hin zur Öffnung der Krankenkassen für alle Berufsgruppen führte dazu, dass jede Kasse jeden aufnehmen musste - egal, wie die Risiken waren. Dieser Weg zu einem gemeinsamen Versicherungssystem in Deutschland machte irgendwann sieben historisch gewachsene Spitzenverbände verzichtbar. Und der zweite Grund: Wir haben damals sehr viele Strukturreformen durchgeführt, um das Gesundheitswesen bezahlbar zu halten, damit gute Versorgung für alle sichergestellt werden konnte – auch die Patienten mussten Strukturveränderungen hinnehmen. In einer Zeit, in der ich von allen anderen auch verlangte, dass sie bereit sein mussten, sich zu verändern, konnten die Krankenkassen und die Spitzenverbände nicht außen vor bleiben. Ich habe also gesagt, wenn es ein gemeinsames Krankenversicherungssystem gibt, dann reicht auch ein Spitzenverband.
Das Ergebnis dieses Umbruchs war der GKV-Spitzenverband - sind Sie denn mit dem Ergebnis zufrieden?
Ich war zunächst überhaupt nicht zufrieden mit dem Ergebnis. Ich hätte mir den Spitzenverband von Anfang an sehr viel schlagkräftiger gewünscht, quasi wie einen wirklich großen Player im Gesundheitswesen. Aber Reformen bedeuten ja fast immer, dass man nur schrittweise an das herankommt, was wirklich das Ziel ist. Man musste sich finden, man musste eine Aufgabenbestimmung machen - und das hat gedauert. Heute nimmt der GKV-Spitzenverband schon wesentlich mehr Aufgaben wahr als damals zu Beginn. Ich denke nur an die großen Möglichkeiten bei der Preisgestaltung für Arzneimittel. Und auch beim Thema Pflegereformen und in vielen anderen Bereichen spielt der Spitzenverband heute eine Rolle. Insofern würde ich sagen: Ja, ich bin zufrieden mit der Entwicklung, die der Verband genommen hat. Aber meine ursprünglichen Erwartungen erfüllt der GKV-Spitzenverband auch heute noch nicht.