Langzeitpflege

Pflegereform bleibt hinter den Erwartungen zurück

September 2023

Gespannt wurde es erwartet: Das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) versprach im vergangenen Jahr eine echte Reform der sozialen Pflegeversicherung. Doch je mehr Gestalt das Gesetz annahm, desto weniger strukturelle Verbesserungen fanden sich darin wieder. Als Reaktion stellt der GKV-Spitzenverband mit einem Positionspapier Forderungen für die dringend notwendige Weiterentwicklung der Pflegeversicherung auf.

Aus gutem Grund haben die Parteien der Ampel-Koalition im Koalitionsvertrag für 2021 bis 2025 Ansätze zur Stabilisierung der pflegerischen Versorgung vereinbart. Denn trotz der verschiedenen gesetzlichen Neuerungen und Maßnahmen im Bereich der Langzeitpflege in den letzten Jahren hat sich die Situation in der Pflege in Deutschland weiter zugespitzt. Die geplanten Maßnahmen der Koalition betreffen zum einen Unterstützungsangebote für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen. Zum anderen wurde die Notwendigkeit des besseren Schutzes vor einer finanziellen Überforderung von pflegebedürftigen Personen, ihren Angehörigen und den Beitragszahlenden insgesamt als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bestätigt.

Allein: Der starke Konsens der Parteien hat nicht gereicht. Als „große“ Pflegereform für den Herbst 2022 angekündigt, ist mit dem Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz (PUEG) nun zum 1. Juli 2023 ein Gesetz in Kraft getreten, dessen Regelungsinhalt man angesichts der bestehenden Problemlage in der Pflege insgesamt als zu kurz gegriffen bewerten muss. Sah der erste informelle Referentenentwurf des PUEG durchaus noch richtige und wichtige Reformschritte vor, wie zum Beispiel die Übernahme der Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro jährlich, wurden diese Ansätze im Zuge des weiteren Verfahrens jedoch teilweise wieder kassiert und eingedampft. Hintergrund hierfür waren die innerhalb der Regierungskoalition bestehenden gegenläufigen Prioritätensetzungen und Verteilungskonflikte.

Eine ältere Dame und eine pflegende Angehörige stoßen mit zwei Wassergläsern an

Minimalkonsens statt grundlegender Reform

Zudem zeitlich angetrieben durch die Notwendigkeit, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. April 2022 zur gebotenen Berücksichtigung des Erziehungsaufwands von Eltern im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung (SPV) umzusetzen, konnte am Ende nur ein in Politik und Öffentlichkeit heftig kritisierter Minimalkonsens vorgelegt werden. Zwar wurden unter dem Strich Verbesserungen vorgenommen, wie zum Beispiel das auf den letzten Metern noch beschlossene Entlastungsbudget. Im Gegenzug hat der Gesetzgeber aber die Anhebung der Leistungsbeträge in der ambulanten Pflege gekürzt.

Differenzierung der Beitragssätze zur sozialen Pflegeversicherung nach Kinderzahl

Personengruppe Beitragssatz seit 1. Juli 2023
Mitglied ohne Kinder 4,00 % (Arbeitnehmenden-Anteil: 2,30 %)
Mitglied mit einem Kind 3,40 % (lebenslang) (Arbeitnehmenden-Anteil: 1,70 %)
Mitglied mit zwei Kindern 3,15 % (Arbeitnehmenden-Anteil: 1,45 %)
Mitglied mit drei Kindern 2,90 % (Arbeitnehmenden-Anteil: 1,20 %)
Mitglied mit vier Kindern 2,65 % (Arbeitnehmenden-Anteil: 0,95 %)
Mitglied mit fünf und mehr Kindern 2,40 % (Arbeitnehmenden-Anteil: 0,70 %)

Positionspapier fordert Weiterentwicklung der SPV

Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat sich anlässlich der parlamentarischen Beratungen zur Langzeitpflege positioniert. In den am 14. Juni 2023 beschlossenen „Positionen für die Langzeitpflege: Stabilität und Nachhaltigkeit im Umgang mit sozialen Ressourcen“ hat der Verwaltungsrat die Bedeutung der sozialen Pflegeversicherung als Stabilitätsanker für die Gesellschaft herausgestellt und die Dringlichkeit einer nachhaltigen Finanzierung und pflegerischen Ausgestaltung zum Schutze der Betroffenen unterstrichen. Diese Forderungen werden auch nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens weiterhin aktuell bleiben. (aba)

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