Ab dem 1. November 2025 setzt sich die Vergütung für die Geburtsbegleitung bei außerklinischen Geburten demnach wie folgt zusammen: Hebammen erhalten künftig eine deutlich erhöhte Pauschale für die umfassende Betreuung rund um die Geburt – also für alle Leistungen, die typischerweise im Rahmen einer Geburt erbracht werden. Zusätzlich kann erstmals auch die durchgehende Betreuungszeit für die gesamte Geburtsdauer separat vergütet werden.
Um dies zu ermöglichen, wurden die bisherigen Pauschalen für Hausgeburten und Geburtshausgeburten jeweils um 100 Euro angehoben. Darüber hinaus wurde eine zeitbezogene Vergütung eingeführt: Zusätzlich zur Pauschale können nun für jede Stunde der Geburtsbegleitung 22,32 Euro abgerechnet werden.
Diese neue Vergütungsstruktur stellt sicher, dass alle außerklinischen Geburten im Vergleich zum Ist-Zustand höher vergütet werden und außerklinisch tätigen Hebammen ein verlässliches Einkommen für jede Geburt – egal wie lange sie dauert – erhalten. Denn durch die Kombination von Pauschale und nach Zeit abrechenbarer Hilfeleistung ist die finanzielle Absicherung trotz Nichtplanbarkeit des konkreten Betreuungsbeginns sowie der Betreuungsdauer gegeben. In Summe ist damit eine erhebliche Vergütungssteigerung der außerklinischen Geburtshilfe verbunden; die freie Wahl des Geburtsorts durch die Versicherten wird dadurch ebenfalls gestärkt.
Zusätzlich werden nicht außerklinisch vollendete Geburten, die eine Verlegung von zu Hause oder aus dem Geburtshaus in eine Klinik bedingen, an das Vergütungsniveau der anderen außerklinischen geburtshilflichen Leistungen angepasst. Auch die Ausweitung der möglichen Betreuungsdauer für eine zweite Hebamme in der wichtigsten Geburtsphase von bisher vier auf sechs Stunden bei Geburten bei der Frau zu Hause oder im Geburtshaus kann bei längeren Betreuungsverläufen zu einem besseren Outcome bei Mutter und Kind führen.
Individuelle klinische Geburtshilfe wird gestärkt
Im derzeitig noch gültigen Hebammenhilfevertrag erhöht sich die Vergütung für freiberuflich tätige Beleghebammen, je mehr Versicherte sie in den Kliniken gleichzeitig betreuen. Dadurch wird die kontinuierliche Eins-zu-eins-Betreuung während der entscheidenden Geburtsphase finanziell schlechter gestellt. Diese Regelung wird im neuen Vertrag nun angepasst (vgl. hierzu auch den Artikel in Ausgabe 42), denn die individuelle Eins-zu-eins-Betreuung Gebärender soll gestärkt werden.
Die Beleghebammen in den Kliniken erhalten künftig einen finanziellen Zuschlag, wenn sie eine Gebärende während der entscheidenden Phase der Geburt durchgehend individuell betreuen. Damit wird erstmals die kontinuierliche Eins-zu-eins-Betreuung höher vergütet als die parallele Betreuung mehrerer Geburten durch eine einzige Hebamme – ein wichtiger Schritt hin zu mehr Qualität und individueller Zuwendung in der Geburtshilfe. Bei einer steigenden Anzahl von Hebammen und der seit einigen Jahren kontinuierlich fallenden Geburtenanzahl in Deutschland kann und soll somit die Eins-zu-eins-Betreuung an Bedeutung gewinnen.
Neue Leistungen in der Schwangerschaft und Wochenbett
Künftig ist eine „Individuelle Stillvorbereitung“ bereits in der Schwangerschaft möglich. Entsprechend den Zielen der Nationalen Strategie zur Stillförderung vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) sollen so die gesundheitsfördernden Aspekte des Stillens noch stärker in den Fokus gerückt werden. Es ging den Vertragspartnern bei dieser neuen Leistung vorrangig darum, Schwangere nach schlechten Stillerfahrungen bei der vorherigen Geburt wieder frühzeitig zu motivieren, ihr Neugeborenes nach der Geburt zu stillen.
Ferner können zukünftig einzelne Stunden des Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurses durch Selbstlerneinheiten (Tutorials), die orts- und zeitunabhängig mehrfach von der Versicherten angesehen werden können, ersetzt und abgerechnet werden. Dies führt zu einer besseren Nutzung von Hebammenkapazitäten, denn die einmalige Aufnahme einer Selbstlerneinheit für die Schwangeren setzt Betreuungskapazitäten frei.
Neue Vergütungsregelungen auch im Wochenbett
Eine wesentliche Verbesserung ist auch die Umstellung der Vergütungssystematik der bisherigen Pauschalen im Wochenbett auf eine 5-Minuten-Zeittaktung. Die jetzige Pauschale für Wochenbettbetreuungen stand seit vielen Jahren in der Kritik von Hebammen und Versicherten gleichermaßen. Denn nach Aussagen der Hebammenverbände gibt es regelmäßig sehr anspruchsvolle Betreuungen insbesondere im frühen Wochenbett, die weit über eine Stunde dauern.
Bisher wurde für einen Wochenbettbesuch – unabhängig von dessen Dauer – eine Pauschale in Höhe von aktuell 42,11 Euro zzgl. Material und Wegegeld abgerechnet. Zukünftig erfolgt die Abrechnung in Einheiten à 5 Minuten. Werden etwa die maximal möglichen 90 Minuten voll ausgeschöpft, erzielt die Hebamme eine Vergütung von 111,42 Euro zzgl. Material und Wegegeld. Mit dem neuen Vertrag wurde zusätzlich vereinbart, dass in den ersten Tagen nach der Geburt noch längere Betreuungszeiten möglich sind, um dem besonderen Erfordernis im frühen Wochenbett Rechnung zu tragen.
Im Ergebnis ist die Vergütung dadurch fairer: Die Hebamme kann sich die Zeit für die Betreuung nehmen, die sie für die Wöchnerinnen und die Neugeborenen benötigt. Zudem wird angestrebt, dass Hebammen künftig weniger, dafür intensivere Betreuungen durchführen – mit dem Vorteil, dass sie mehr Zeit bei den Wöchnerinnen verbringen können und weniger Zeit für Anfahrten aufwenden müssen. Einige Besuche lassen sich hingegen künftig auch – wie bereits in der Coronazeit erprobt – über Videobetreuungen ersetzen. Das spart Hebammenressourcen, die besser für die tatsächliche Versorgung und nicht für Fahrzeiten genutzt werden können, genauso wie CO2-Emissionen, was einen Beitrag zu einer nachhaltigeren Versorgung leisten soll.
Weitere Regelungen und Evaluation zur Verbesserung der Versorgung
Unverändert bleibt die bewährte Kostenübernahme für die Berufshaftpflichtversicherung durch die GKV. Ein Teil der Kosten ist von jeher anteilig in den Geburtspauschalen enthalten. Den Hauptanteil erhält eine freiberuflich geburtshilfliche Beleg- oder außerklinisch tätige Hebamme jedoch als direkte Zahlung nach Antragsstellung vom GKV-Spitzenverband. Hierfür muss sie vier Geburten pro Jahr begleitet haben und die Einhaltung der Qualitätsvorgaben beim GKV-Spitzenverband nachweisen. Im Jahr 2024 zahlte die gesetzliche Krankenversicherung allein dafür rund 27 Mio. Euro.
Mit der Festlegung des Vertrages hat die Schiedsstelle als unabhängiges Gremium den Hebammenverbänden und dem GKV-Spitzenverband zudem aufgetragen, spätestens zum Inkrafttreten des Vertrages eine Arbeitsgruppe zu bilden, welche die Auswirkungen des angepassten Vergütungssystems nach Vorliegen repräsentativer Abrechnungsdaten gemeinsam evaluiert und erforderlichenfalls unverzüglich Verhandlungen zur Weiterentwicklung des Vergütungssystems aufnimmt. Sie soll sich bereits vor dem Inkrafttreten insbesondere mit Fragen der Vergütung im Beleghebammensystem befassen und Informationen zur Umsetzung der neuen Vergütungsstruktur zur Verfügung stellen. Der GKV-Spitzenverband hat das begrüßt, denn eine so umfangreiche Veränderung zur Stärkung der individuellen Geburtsbetreuung durch freiberufliche Hebammen sollte intensiv und gemeinsam von allen Vertragspartnern begleitet werden. Die Laufzeit des neuen Vertrages endet am 31. Dezember 2027. (ckö)