Qualitätssicherung

Dokumentation: Aufwand und Nutzen optimieren

Juli 2025

Seit Jahrzehnten sorgen Qualitätssicherungsverfahren in Deutschland für eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten. Allerdings geht Qualitätssicherung notwendigerweise mit erhöhtem Dokumentationsaufwand einher – hauptsächlich ausgeführt von den Leistungserbringenden. Um hier Aufwand und Nutzen in einem günstigen Verhältnis zu halten, wurden nach einer vom G-BA angestoßenen Prüfung diverse Qualitätsindikatoren abgeschafft, nachdem sie sich jahrelang in der Praxis bewährt hatten.

Qualitätssicherung ist unerlässlich

Patientinnen und Patienten haben einen gesetzlichen Anspruch auf eine bedarfsgerechte und verlässliche, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung. Diese muss zweckmäßig, wirtschaftlich und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden. Qualitätssicherung (QS) dient vor allem dem Schutz der Patientinnen und Patienten vor vermeidbaren unerwünschten Behandlungsergebnissen. Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) legen fest, welche Daten von Krankenhäusern und ärztlichen Praxen zu dokumentieren sind und welche die Krankenkassen hierfür übermitteln müssen. Die Auswertung der Daten ermöglicht es,

  • Transparenz über die Qualität der Versorgung einrichtungsvergleichend zu schaffen,
  • potenziellen Handlungsbedarf zu identifizieren,
  • Qualitätsverbesserungen voranzutreiben und
  • die Einhaltung von qualitativen Mindeststandards zu gewährleisten.

Mit diesen öffentlich zugänglichen Informationen über Qualitätsergebnisse können sich Patientinnen und Patienten umfassend und verständlich informieren und haben somit eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die eigene Behandlung.

Dokumentation ist notwendig, Aufwand sollte so niedrig wie möglich sein

Seit vielen Jahren werden diese Qualitätsergebnisse bereits öffentlich zur Verfügung gestellt und einrichtungsvergleichend dargestellt: in den Qualitätsberichten der Krankenhäuser, in den Vergleichsportalen der Krankenkassen oder zukünftig im Bundesklinikatlas. Grundlage ist die Richtlinie zur datengestützten Qualitätssicherung (DeQS RL) des G-BA. In dieser werden im Moment 16 QS-Verfahren (drei davon sektorenübergreifend) geregelt. Mithilfe von insgesamt knapp 400 Qualitätsindikatoren (QI) und Kennzahlen (KeZ) wird die Qualität der Patientenversorgung gemessen.[1]

Zwei Frauen im Gespräch in einer Klinik. Eine der beiden dokumentiert den Gesprächsverlauf

In den letzten Jahren wurde das Spektrum an Datenquellen schrittweise erweitert: Wurden qualitätsrelevante Daten zunächst ausschließlich mithilfe fallbezogener sowie einrichtungsbezogener (händischer) Dokumentation erfasst, wird inzwischen auch vermehrt auf Sozialdaten von den Krankenkassen („Routinedaten“) sowie auf Patientenbefragungen zurückgegriffen. Historisch gewachsen, wird jedoch noch ein wesentlicher Teil der Informationen über eine händische Dokumentation der Leistungserbringenden erfasst. Der damit verbundene Aufwand wurde in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, und eine Reduzierung der Dokumentationsaufwände wurde gefordert. Zu den konkreten Forderungen gehörte nicht nur ein stärkerer Einbezug von Routinedaten, sondern auch eine stärkere Fokussierung auf tatsächliche Qualitätsdefizite sowie sich anschließende Maßnahmen.

Vor diesem Hintergrund traf der G-BA im April 2022 einen maßgeblichen Eckpunktebeschluss. Die zentrale Zielsetzung dieses Beschlusses war die Verbesserung des Aufwand-Nutzen-Verhältnisses und damit die Weiterentwicklung der datengestützten Qualitätssicherung. Für die konkrete Umsetzung wurde das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) in mehreren Schritten beauftragt, den (Erfassungs-)Aufwand der QS zu prüfen und zu verbessern, bestehende Qualitätspotenziale zu identifizieren und gezielter auszuschöpfen sowie die Erfassungsmethodik weiterzuentwickeln.[2]

Qualitätsmessung ist Grundlage für Verbesserung der Versorgung

Am Beispiel des Verfahrens „Ambulant erworbene Pneumonie (CAP)“ soll verdeutlicht werden, wie die Prüfung das Aufwand-Nutzen-Verhältnis verbessern kann: Eins der Ziele des Qualitätssicherungsverfahren ist es, bei möglichst vielen Patientinnen und Patienten innerhalb von acht Stunden nach der stationären Aufnahme die Sauerstoffversorgung zu messen (dargestellt durch den Qualitätsindikator „Frühe erste Blutgasanalyse oder Pulsoxymetrie“). In den Jahren nach der Einführung des Verfahrens im Jahr 2005 stiegen die Ergebnisse dieses Indikators stark an (vgl. Abbildung 1). Im Vergleich mit 2005 (67,33 %) sind die Ergebnisse um fast 30 Prozentpunkte auf 98,94 % (2023) angestiegen.

Abbildung 1: Entwicklung QS-Ergebnisse QI ID 2005 - Frühe erste Blutgasanalyse oder Pulsoxymetrie

Seit gut zehn Jahren haben sich die Ergebnisse des QI bei knapp 100 Prozent stabilisiert – das Verhältnis von Dokumentationsaufwand und Ergebnis steht nun in keinem günstigen Verhältnis mehr. Als Ergebnis seiner Prüfung hat das IQTIG konsequenterweise eine Abschaffung des QIs empfohlen.[3]

Zwischenbilanz: erste Ergebnisse zeigen deutliche Aufwand-Nutzen-Optimierungen

Inzwischen wurden bereits neun der 15 zu prüfenden QS-Verfahren untersucht und überarbeitet.[4] Dabei wurden 169 QIs und 24 KeZ geprüft und die Ergebnisse in zwei Berichten veröffentlicht.[5] Das IQTIG schätzt das Einsparpotenzial des Dokumentationsaufwands in beiden Berichten auf jeweils grob 30 Prozent. Auf 65 QIs und KeZ soll langfristig verzichtet werden, bei knapp 30 QIs besteht die Möglichkeit, zukünftig auf Sozialdaten zurückzugreifen.

Abbildung 2: IQTIG-Empfehlungen im Überblick: Empfehlungen für geprüfte QI und KeZ (Stand nach 2. Bericht)

Der G-BA hat die Empfehlungen beraten und folgt diesen im Wesentlichen. Ein Großteil der Anpassungen wurden bzw. werden bereits zu den Erfassungsjahren 2025 und 2026 umgesetzt.

Kontinuierliche Weiterentwicklungen sind erforderlich

Der G-BA nimmt die aufgekommene Kritik zur Qualitätssicherung sehr ernst und hat diese lösungsorientiert aufgenommen. Innerhalb von drei Jahren wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket beschlossen und größtenteils bereits umgesetzt, um die QS zukünftig effektiver und zielgerichteter auszugestalten. Der Dokumentationsaufwand für Krankenhäuser und ärztliche Praxen konnte deutlich reduziert werden.

Einem entscheidenden Ziel des Eckpunktebeschlusses zur Aufwandreduktion wird damit entsprochen. Durch eine Fokussierung der QI-Sets sowie Umwandlung vieler fallbezogener QIs in ihrer Erhebung zu aufwandsarmen Sozialdaten-QIs können Ressourcen eingespart und zielgerichtet eingesetzt werden – ohne auf wichtige Punkte bei der Messung qualitativ hochwertiger Versorgung verzichten zu müssen. (clm)

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