Pflegeversicherung

Umgang der Pflege mit Psychopharmaka untersucht

Dezember 2021

Die Praxis der Verschreibung und Anwendung von Psychopharmaka bei Pflegebedürftigen geriet in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik. Die Medikamente weisen ein hohes Abhängigkeitspotenzial und die Gefahr unerwünschter Nebenwirkungen auf. Den Pflegekräften kommt neben Ärztinnen und Ärzten eine zentrale Rolle in der psychopharmakologischen Behandlung zu. In einem vom GKV-Spitzenverband geförderten Projekt wurde nun untersucht, wie sie mit dieser Aufgabe umgehen.

Pflegekräfte sind an der Bereitstellung und Verabreichung von psychopharmakologischen Medikamenten, an der Patientenbeobachtung und der Kommunikation mit Ärztinnen und Ärzten beteiligt. Sie nehmen Veränderungen des Gesundheitszustandes der Pflegebedürftigen wahr und können entsprechende Maßnahmen initiieren. Allerdings bestehen bislang keine profunden Erkenntnisse darüber, wie Pflegekräfte mit dem komplexen Versorgungsproblem der psychopharmakologischen Behandlung tatsächlich umgehen.

In dem vom GKV-Spitzenverband im Rahmen des Modellprogramms zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung geförderten Projekt „Psychopharmaka in der stationären und ambulanten Pflege - Herausforderungen im Umgang und Voraussetzungen für die Implementierung von Handlungsalternativen (PhasaP)“ untersuchte ein Team des Instituts für Gerontologische Forschung (IGF) Bedingungen und Herausforderungen für Pflegekräfte im Umgang mit Psychopharmaka. Zudem wurden Voraussetzungen und Barrieren für die Verbreitung und Implementierung von Empfehlungen, Leitlinien oder Konzepten für einen adäquaten Einsatz von Psychopharmaka analysiert. Die Erkenntnisse sollen helfen, Pflegende in ihrer Handlungskompetenz und Handlungssicherheit zu stärken und so zu einer sicheren und angemesseneren Versorgung Pflegebedürftiger mit Psychopharmaka beitragen.

Ein älterer Mann nimmt Tabletten zu sich.

Onlinebefragung und Fallstudien mit Interviews

Aufbauend auf einer Literaturrecherche wurde eine bundesweite Online-Befragung von Beschäftigten in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen durchgeführt. Zur Rekonstruktion von Rahmenbedingungen und Handlungsorientierungen im Umgang mit Psychopharmaka bei Pflegebedürftigen erfolgten fünf Fallstudien, bestehend aus problemzentrierten Interviews mit Pflege- und Leitungskräften und der Sichtung der Pflegedokumentation in ambulanten und stationären Einrichtungen in Berlin und Brandenburg. Begleitend wurden zudem leitfadengestützte Experteninterviews mit Personen aus Medizin, Wissenschaft sowie mit Angehörigenvertretern durchgeführt.

Kritik der Pflegenden am mangelnden Austausch mit Ärztinnen und Ärzten

Die aktuellen Bedingungen wurden im Rahmen der Befragungen und Fallstudien zum Teil als nicht hinreichend für eine optimale Versorgung mit Psychopharmaka beurteilt. Vielfach wurden der Austausch mit Ärztinnen und Ärzten, deren Kooperation untereinander sowie die generelle ärztliche und fachärztliche Versorgung als mangelhaft kritisiert. Dies stelle laut der Befragten im Versorgungsalltag besondere Herausforderungen an sie, insbesondere mit Blick auf Medikamentenmanagement oder Veränderung und Absetzung der Medikation. Als prioritär im pflegerischen Bereich wird insbesondere eine spezifische Qualifizierung des Personals angeführt. Seitens der Pflege wurde auch der Wunsch nach ärztlicher Anerkennung der pflegefachlichen Kompetenzen in der psychopharmakologischen Behandlung formuliert. Die Pflege müsse ihre Handlungsmöglichkeiten stärker nutzen, um die Rahmenbedingungen im Umgang mit Psychopharmaka aktiv mitzugestalten.

Handreichung zum Umgang mit Psychopharmaka entwickelt

Die nun vorliegende Studie zeigt, dass Instrumente zur Unterstützung der Pflege im Umgang mit Psychopharmaka leicht handhabbar sein müssen, um durch eine routinemäßige Nutzung zu Veränderungen zu führen. Basierend auf den Studienergebnissen wurde eine Handreichung für Pflegeeinrichtungen entwickelt, die konkrete und einfach umzusetzende Maßnahmen zum Umgang der Pflege mit Psychopharmaka beinhalten. (cst)

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