Notfallversorgung

Reform der Akut- und Notfallversorgung tut not

April 2023

Während die Bund-Länder-Gruppe die Eckpunkte zur Krankenhausreform erarbeitet, hat die Krankenhaus-Kommission kürzlich weitere Empfehlungen zur Reform der Akut- und Notfallversorgung in Deutschland vorgelegt. Ziel ist es, Patientinnen und Patienten nach medizinischer Ersteinschätzung in die geeignete Versorgungsstruktur zu steuern. Die weitreichenden Vorschläge gehen aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes in die richtige Richtung.

Problem: Versorgungsvielfalt ohne Steuerung

Für Hilfesuchende kann es im Notfall zur Herausforderung werden, die geeignete Versorgungsstruktur in der Akut- und Notfallversorgung zu wählen, da das Versorgungsangebot sehr vielfältig und für Laien undurchsichtig ist. Viele Patientinnen oder Patienten suchen deshalb häufig den direkten Weg in das nächstgelegene Krankenhaus. Unter Umständen ist dies jedoch aus medizinischer Sicht nicht die am besten geeignete Versorgungsstruktur. So werden strukturelle und personelle Ressourcen der Notaufnahmen gebunden, obwohl die Patientin oder der Patient in einem leistungsfähigen ambulanten Setting in gleicher Qualität, mit weniger Aufwand, hätte versorgt werden können.

Lösung: Zielgerichtete Patientensteuerung

Ziel des Reformvorschlages der Krankenhaus-Kommission ist es, Hilfesuchende in die am besten geeignete Notfallstruktur zu leiten. Hierzu sollen Anrufe über die bekannten Notrufnummern 112 und 116117 zukünftig bei integrierten Leitstellen (ILS) eingehen. Medizinisch qualifizierte Fachkräfte führen eine standardisierte, validierte und softwaregestützte Ersteinschätzung durch und leiten auf dieser Basis eine Zuordnung der hilfesuchenden Person zum geeigneten Versorgungsangebot ein. Sollte ein ambulantes Versorgungsangebot aufgrund der Dringlichkeit oder des medizinischen Hilfebedarfes nicht ausreichen, kann auch der Rettungsdienst, die Notärztin oder der Notarzt für eine Versorgung vor Ort oder für einen Transport ins Krankenhaus eingesetzt werden.

Pfleger und Ärzte schieben einen Patienten im Krankenhausbett einen Flur entlang

Einrichtung von gemeinsamen Tresen in Notfallzentren

Den Empfehlungen der Krankenhaus-Kommission folgend sollen an allen Krankenhäusern der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung (zukünftig Stufe 2 und 3) Integrierte Notfallzentren (INZ) entstehen. Die INZ am Krankenhaus verfügen sowohl über eine Ersteinschätzungsstelle („Tresen“) als auch über die Notaufnahme des Krankenhauses und eine KV-Notdienstpraxis. Damit wird eine personelle und strukturelle Infrastruktur am Krankenhaus für eine Ersteinschätzung sowie Weiterbehandlung im Krankenhaus oder im ambulanten Setting vorgehalten.

Gleichberechtigte Entscheidungskompetenzen am gemeinsamen Tresen

Die Einrichtung eines gemeinsamen Tresens zur medizinischen Ersteinschätzung am INZ als zentrale Anlaufstelle am Krankenhaus wird vom GKV-Spitzenverband ausdrücklich unterstützt. Der Vorschlag der Krankenhaus-Kommission sieht jedoch vor, dass bei Nichtzustandekommen einer Einigung über die INZ-Leitung, das Krankenhaus die Verantwortung übernimmt. Hieraus ergeben sich erhebliche Fehlanreize für Krankenhäuser, eine Einigung bewusst nicht herbeizuführen. Zudem bestünde damit für das Krankenhaus eine Möglichkeit, allein aus finanziellen Gründen eine Patientensteuerung aus der ambulanten in die vollstationäre Versorgung zu ermöglichen. Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes ist angesichts der engen Kooperation von KV-Notdienstpraxis und Notaufnahme im INZ eine gemeinsame Leitung zwingend.

Gemeinsamer Bundesausschuss sollte die Vorschläge präzisieren

Es bedarf einer Konkretisierung des Sicherstellungsauftrages der Kassenärztlichen Vereinigungen. Entsprechende Anforderungen an Personal und Ausstattung der KV-Notdienstpraxen sollten vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) definiert werden.

Eine Beschränkung der INZ auf Krankenhäuser der Notfallstufen 2 und 3 reicht aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes nicht aus, da hiervon in Ballungsgebieten auf wenig Raum durchaus mehrere vorliegen können, in ländlichen und strukturschwachen Regionen hingegen keine. Bei der Auswahl der für ein INZ geeigneten Standorte sollte der Versorgungsbedarf der Bevölkerung in einer Region ausschlaggebend sein, um bundesweit eine gute Erreichbarkeit der INZ zu gewährleisten und gleichzeitig unnötige Doppelstrukturen zu vermeiden. Das dafür notwendige Verfahren sollte der G-BA erstellen, da in ihm sowohl die Kliniken, die niedergelassene Ärzteschaft, die Vertreterinnen und Vertreter der Patientinnen und Patienten als auch die Krankenkassen vertreten sind.

Insgesamt bilden die Vorschläge der Krankenhaus-Kommission eine gute Grundlage, die nun durch den Gesetzgeber und die Selbstverwaltung im Sinne einer optimalen Versorgung ausgestaltet werden müssen. (rba)

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