Gesundheitsdaten

Europaweiter Austausch von Gesundheitsdaten – Krankenkassen als Schlüsselakteure

Juli 2022

Anfang Mai hat die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über den Europäischen Gesundheitsdatenraum (European Health Data Space, EHDS) veröffentlicht. Darin sieht sie vor, elektronische Patientenakten grenzüberschreitend für die Gesundheitsversorgung in der EU verfügbar zu machen. Auch für Forschung, Innovation und Politikgestaltung sollen Gesundheitsdaten europaweit ausgetauscht werden. Das Europäische Parlament und der Rat der EU werden in den kommenden Monaten über den Entwurf beraten und anschließend mit der Europäischen Kommission in Verhandlungen treten.

Grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung

Zur gesundheitlichen Versorgung sollen ePatientenaktensysteme mit umfassenden Funktionen, einschließlich eRezepten, Laborberichten, medizinischen Bildern und Entlassberichten europaweit zur Verfügung gestellt werden. Patientinnen und Patienten sollen das Recht haben, ihre Daten bei der Behandlung im Ausland zu nutzen und elektronisch Rezepte in einem anderen Mitgliedstaat einzulösen.

Die Mitgliedstaaten sollen sich hierfür auf EU-Ebene vernetzen, Leistungserbringende an die Infrastruktur anschließen und den grenzüberschreitenden Austausch von Patientendaten und Telemedizin ermöglichen. Außerdem ist geplant, ePatientenaktensysteme zu harmonisieren und einheitliche Regeln für deren Inverkehrbringen zu schaffen.

Gesundheitsdaten sollen umfassend genutzt werden

Elektronische Gesundheitsdaten sollen grenzüberschreitend auch für Forschung, Innovation, politische Entscheidungen, Entwicklung von künstlicher Intelligenz und personalisierte Medizin verfügbar gemacht werden. Zu diesen Daten gehören elektronische Patientenakten, Abrechnungs- und Registerdaten sowie Ergebnisse klinischer Studien. Einen Nutzungsantrag soll grundsätzlich jeder stellen können.

Ein Mann mit einem gläsernen Smartphone und einer Smartwatch

Zwischen Binnenmarkt und Gesundheitsversorgung

Die veröffentlichten Regelungsvorschläge könnten tief in die Organisation der Telematik-Infrastrukturen und Patientenaktensysteme der Mitgliedstaaten eingreifen. Die Inhalte der Patientenakten, das Identifizierungsmanagement und Zugriffsrechte sind im Gesetzentwurf vorgegeben. Ferner behält sich die EU-Kommission vor, weitere technische Vorgaben zu erlassen. Mit ihrer Initiative möchte sie nicht nur die europaweite Mobilität von Patientinnen und Patienten fördern, sondern auch einen europäischen Markt für digitale Gesundheitsprodukte schaffen.

Auch in Bezug auf die Weiterverwertung elektronischer Gesundheitsdaten für Forschung und Innovation gehen die Vorschläge sehr weit. Die hierfür vorgesehenen Daten sind ebenso umfangreich wie die Verwendungszwecke. Insbesondere die Bereitstellung für Entwicklungs- und Innovationstätigkeiten und Training, Testen und Bewerten von Algorithmen könnten Spielraum für eine kommerzielle Nutzung schaffen, die kritisch zu hinterfragen ist.

Krankenversicherung als Schlüsselakteur

Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes sind die nationalen Systeme im europäischen Gesundheitsdatenraum so zu vernetzen, dass es nicht zu unverhältnismäßigen Eingriffen in die nationalen Telematik-Infrastrukturen kommt und die Anwendung der EU-Datenschutzgrundverordnung klar geregelt ist. Die nationalen Sozialsysteme generieren und verarbeiten Daten zur Optimierung ihrer Versorgungstrukturen. Krankenkassen sollten daher nicht nur als Datenlieferanten, sondern als Schlüsselakteure des EHDS betrachtet und von Beginn an eingebunden werden. Der GKV-Spitzenverband wird diese Anliegen in den Gesetzgebungsprozess einbringen. (jei)

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